Wilde Stimmen by Lynn Viehl

Wilde Stimmen by Lynn Viehl

Autor:Lynn Viehl [Viehl, Lynn]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
Herausgeber: Egmont LYX.digital
veröffentlicht: 2014-09-03T22:00:00+00:00


13

Wie alle Gebäude im Ort wirkte die Pension alt, aber solide. Drinnen war es warm und trotz der überladenen Einrichtung anheimelnd. Lilah bewunderte unverhohlen die ungeheuer vielen Dinge, mit denen die Frauen des Orts den Bau dekoriert hatten, vor allem einen kleinen roten Planwagen voller ausgestopfter Puppen, die schon recht ramponiert waren.

»Sieh mal, Walker.« Lilah wies auf einen honigfarbenen Bären, dem ein Auge fehlte und dessen fleckiges Fell über die Jahre, in denen er durch viele schmuddelige Kinderhände gegangen war, nachgedunkelt war. In einen alten Metallknopf im linken Ohr war ein winziger Elefant graviert. Sie fragte Annie: »Ist das kein Steiff-Bär?«

»Keine Ahnung«, meinte die alte Frau barsch. »Ich mag die Dinger einfach. Also, ich hab ein Zimmer im ersten Stock mit hübschem Ausblick auf die Hauptstraße –«

»Wir bleiben im Erdgeschoss«, unterbrach Walker sie. Als beide Frauen ihn ansahen, setzte er hinzu: »Marie ist müde und verletzt. Die Treppe strengt sie zu sehr an.«

»Das hatte ich ja ganz vergessen. Natürlich könnt ihr unten wohnen. Ich hole nur saubere Laken und richte euch ein Zimmer her.« Annie hängte ihren Mantel auf und verschwand in einen Flur.

»Wegen der Leute hier brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, tadelte Lilah ihn. »Die glauben unsere Geschichte.«

»Vorläufig.« Der Sheriff hatte ihn gleich abgelehnt und würde ihre Personalien vermutlich sofort prüfen, sobald Telefone und Computer wieder funktionierten. Um zu wissen, was er dachte, hätte Lilah seine Gedanken lesen müssen, doch Walker ließ nicht zu, dass Ethan Jemmet ihr näher als drei Meter kam. »Du bist sicher erschöpft.«

»Nach dem, was letztes Mal geschah, als ich einschlief, tue ich womöglich nie mehr ein Auge zu.« Ihr Lächeln wurde traurig. »Hoffentlich funktioniert Annies Boiler noch. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als eine lange, heiße Dusche.«

Eine Vorstellung ließ Hitze in ihm aufsteigen, und er legte Hut und Jacke ab. Als er ihren musternden Blick bemerkte, hielt er inne. »Was ist?«

»Spürst du es nicht?« Sie strich ihm über den Kopf, der nicht länger kahl rasiert war. »Fühlt sich an wie schwarzer Nerz. Manchmal tut mein Haar das, weißt du – es wächst über Nacht mehrere Zentimeter, aber deins ist …« Sie unterbrach sich und sah ihn entschuldigend an. »Schon gut. Das passiert jedem von uns. Manchmal erwischt es auch Finger- und Zehennägel.«

Er griff sie am Unterarm, führte ihre Rechte zum Mund und küsste ihre Handfläche. »Das sind nur Haare, Lilah. Keine Schlangen.«

Sie starrte auf seinen Mund. »Schlangen?«, wiederholte sie leise und träumerisch.

Annie kehrte über den Flur zurück und lächelte etwas schief. »Ihr zwei braucht dringend ein Zimmer. Kommt, es ist gleich da vorn.«

Der Raum war groß und weniger vollgestopft und besaß zudem ein schönes Bad.

Lilah war entzückt und befühlte die üppigen Stickereien der alten Tagesdecke auf dem Doppelbett. »Tolle Handarbeit.«

»Danke«, sagte Annie. »Die mach ich an einem Gestell im Hinterzimmer. So vertreib ich mir die Zeit, wenn keine Gäste im Haus sind.« Sie wies auf das Bad. »Ich hab Nachthemden zu den Handtüchern gelegt. Bevor ihr ins Bett geht, öffnet die Wasserhähne so, dass es tröpfelt. Dann frieren die Leitungen nicht so schnell ein.



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